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Südamerikareise

Im Jahr 1908 begannen die südamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien und Chile mit dem Aufbau eigener Flotten. Da die Länder jedoch selbst über keine, im Bau moderner Kriegsschiffe erfahrene Schiffbauindustrie verfügten, gingen die Aufträge ins Ausland.

Aber erst 1911 nutzte der deutsche Admiralstab die notwendige Erprobungsreise des neuen Großen Kreuzers “von der Tann“ zu einer politischen Werbeaktion in den drei südamerikanischen Staaten. Der nach den Stationen in Brasilien und Argentinien vorgesehene Besuch in Chile musste jedoch wegen Zeitmangel abgesagt werden. 

Höhepunkt der Reise war der Besuch des als deutschfreundlich geltenden brasilianischen Staatspräsidenten Marschall Hermes da Fonseca. Während des Besuches an Bord nahm der von seinem Stab und dem Marineminister begleitete Präsident telegraphisch über das soeben verlegte deutsche Überseekabel mit Kaiser Wilhelm II. Kontakt auf.

Schiff, Technik und Verhalten der Offiziere und Mannschaften an Land hinterließen einen guten, bleibenden Eindruck.

Auch auf der weiteren Reise nach den Städten im brasilianischen Süden (Itajai, Blumenau), in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires und in Bahia Blanca mit dem angrenzenden, größten argentinischen Militärhafen Puerto Belgrano machte der Große Kreuzer gute Werbung für das Deutsche Reich und bekam ein positives Presseecho. Viele Besucher besichtigten das moderne Kriegsschiff.

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Im Hafen von Rio de Janeiro: SMS von der Tann trifft den Kleinen Kreuzer Bremen am 19.03.1911

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Bereit zum Präsidentenbesuch: SMS von der Tann mit Sonnenschutzsegeln auf dem Oberdeck.

Die Südamerikafahrt begann am 20.11.1911 im Hafen von Kiel und führte über Teneriffa nach Rio de Janeiro, wo sich die “von der Tann” vom 14.-23.03.1911 aufhielt. Danach lag sie vom 25.-27.03. im Hafen von Itajai. Von dort schiffte sich ein Teil der Mannschaft auf Flussdampfern ein um über den Rio Itajai zu den deutschen Kolonisten im ca. 50 km landeinwärts gelegenen Blumenau zu gelangen. Dort wurde sie von den Auswanderern begeistert empfangen und sofort zu einem Freundschaftsspiel eingeladen.

Das erste, je im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina ausgetragene internationale Fußballspiel fand am Sonntag, den 26.03.1911 zwischen der Fußballmannschaft des Turnvereins Blumenau und der Fußball-mannschaft des Großen Kreuzers “von der Tann” statt. 

Am Vortag hatte eine Gruppe Offiziere und Mannschaften, die sich vom Hafen aus zu den deutschen Kolonien im Landesinneren begeben hatten, beim Stadtrundgang in Blumenau spontan die Einladung zu einem Fußballspiel angenommen. Es fand nachmittags auf einer Wiese am Grand Hotel Holetz statt. Sie wurde auch als Viehweide genutzt. Die Feldbegrenzungen waren selbst eingegraben und auch die hölzernen Tore hatten mit 7,44 m x 2,44 m kein Standardmaß. Aber solche Details störten niemanden.

Die Matrosenmannschaft musste leider mit 10 Mann in der Unterzahl spielen, da ein Offizier als Wachhabender an Bord zurück befohlen wurde. Aber auch das war für die deutschen Matrosen kein Problem. Sie siegten 5 : 2. Die Torschützen wurden leider nicht notiert.

Das nebenstehende Bild zeigt 9 der 11 Spieler des Turnvereins Blumenau (2 waren mit der Besucherbetreuung beschäftigt):

Stehend: Cramer, Bruno Hindelmeyer, Fischer, Blohmann, Oswaldo Hindelmeyer, Brandes. Kniend: Kugler, Eicke, Koehler.

Letzterer war auch Chefredakteur der Zeitung “Der Urwaldbote”, die über das Spiel berichtete.

Unmittelbar nach dem Spiel fuhr die Mannschaft wieder mit den Flussdampfern nach Itajai zurück. Die “von der Tann” legte tags darauf ab und fuhr südwärts.

Am 30.03.1911 traf das Schiff dann in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires ein und setzte sein Besuchsprogramm fort.

Fussballspiel Blumenau 26.03.1911

Nach dem Schlußpfiff: Die beiden Mannschaften kurz vor Abreise der deutschen Matrosen

Fussballmannschaft Blumenau
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Auch die Rückreise von Puerto Belgrano bei Bahia Blanca nach Kiel - wo sie wieder am 06.05.1911 einlief - verlief problemlos. Die 1.913 Seemeilen von Teneriffa nach Helgoland legte sie sogar mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 24 kn zurück. Unmittelbar nach der Rückkehr wurde sie bereits am 08. Mai in den Verband der Aufklärungsgruppe eingegliedert.